Digitale Schule: Wer zahlt den Preis? – PIRATENundPARTEI-Ratsgruppe kritisiert fehlendes Konzept

–Die PIRATENundPARTEI-Ratsgruppe fordert ein sozialverträgliches Konzept bei der Beschaffung von digitalen Hilfsmitteln an Göttinger Schulen, wie etwa Tablets, Laptops oder Taschenrechnern. Zurzeit regelt jede Schule die Nutzung und Beschaffung von Laptops, Tablets oder Taschenrechnern unterschiedlich. Dies geht unter anderem aus einer Anfrage [1] hervor, die die PIRATENundPARTEI-Ratsgruppe im Mai stellte.
„Leider gibt es keine verlässliche Finanzierung der von den Schulen eingeforderten Geräte, da es keine Lehrmittelfreiheit gibt. Teilweise gibt es Leihsysteme oder man denkt darüber nach, teilweise wird aber auch die Beschaffung teurer Geräte durch die Eltern gefordert – an der IGS Geismar etwa wird ab Klasse 8 ein iPad mit bestimmten Systemanforderungen benötigt. Besonders für Eltern mit geringem Einkommen, kann dies eine zusätzliche Herausforderung bedeuten. “ so Helena Arndt, sozialpolitische Sprecherin der Gruppe.
So hat die Ratsgruppe den Leidensweg eines alleinerziehenden Vaters in Göttingen mitverfolgt. Er soll einen Laptop und einen Taschenrechner für seinen Sohn, der eine weiterführende Schule besucht, anschaffen. Als Transferleistungsbezieher folgte eine Odyssee durch die einzelnen Institutionen vom Ministerpräsident bis zum Sachbearbeiter mit einem ernüchternden Ergebnis: Niemand fühlt sich zuständig. Die aktuelle Lösung ist ein zinsloses Darlehen vergeben vom Amt an den Sohn, welches er monatlich mit 10% seines Regelsatzes abbezahlen muss. Dieser Vorschlag entspricht einer faktischen Sanktionierung der Transferleistungen um die Bildungsteilhabe des Kindes gewährleisten zu können.
Helena Arndt hierzu: „An diesem Beispiel wird deutlich, dass stur auf die Leidensfähigkeit der Eltern gesetzt wird, und der Staat seine Verantwortung für Bildungsgerechtigkeit nicht wahrnimmt. Das Gesetz für Bildung und Teilhabe sieht eine Finanzierung von digitalen Lehrmitteln für die Schule nicht vor. An den Schulen selbst verweist man oft auf die Fördervereine oder bietet zinslose Finanzierungsmodelle. An einigen Göttinger Schulen hat man sich Gedanken gemacht, etwa über die Nutzung von kostenlosen Apps oder die Beschaffung von Geräten aus dem Schuletat – das ist prima, kommt aber für viele Eltern zu spät! Die Finanzierung von teuren Endgeräten durch die Eltern an anderen Schulen jedoch kritisieren wir scharf!“ und weiter: “ Wir können uns vorstellen, dass dies viele Familien belastet aber nur die wenigsten dies zugeben würden, um ihren Kindern keine Nachteile zu verschaffen. Wir vermuten, dass auch diese Scham der Grund dafür ist, dass es keinen nennenswerten Protest gegen die zusätzliche finanzielle Belastung gibt und kein lauter Schrei nach Lehrmittelfreiheit zu vernehmen ist. Die einen können es sich leisten, die anderen tun alles um nicht zeigen zu müssen, dass sie es sich eigentlich nicht leisten können.“
Der alleinerziehende Vater klagt indes gegen die offensichtliche Finanzierungslücke, was einen weiteren Marathon für ihn und seine Familie darstellt.
Helena Arndt hierzu: „Wir erleben, dass der betroffene Vater als Querulant empfunden wird. Sein engagierter Widerstand ist leider eher Einzelfall und Behörden hoffen ihn mundtot und damit das ganze Thema beseitigen zu können. Es braucht mehr Eltern wie ihn, die sich lautstark gegen die Verantwortungslosigkeit des Staates im Bildungsbereich stellen, weil es ihnen vielleicht ähnlich geht. Noch schöner wäre es, wenn auch die Besserverdienenden, die sonst an den Förderverein spenden, sich an ihre Seite stellen und die Finanzierung eines iPads für die Schule ablehnen.“