Rede von Helena Arndt (die PARTEI) zu Top 7 gemeinsamer Antrag betr. „Solidarität und Zusammenhalt in Pandemiezeiten – Zusammen gegen Wissenschaftsfeindlichkeit, Hass und Hetze“

„Solidarität und Zusammenhalt in Pandemiezeiten – Zusammen gegen Wissenschaftsfeindlichkeit, Hass und Hetze“ – so lautet der Titel der Resolution die wir heute einbringen. Wieder einmal fordern wir als Ratsfraktionen scheinbar Selbstverständliches, beziehen Stellung. Tut das denn Not? Scheinen ja nicht alles Nazis zu sein die da mitlaufen und überhaupt: Kritik muss man ja wohl noch äußern dürfen, oder?

Und zu kritisieren gibt es so einiges. Die Pandemie wirft ein grelles Schlaglicht auf unsere Sozialsysteme und offenbart unbarmherzig alle Mängel, alle aufgeschobenen Problematiken im Gesundheitswesen, in der Bildungspolitik oder auf dem Wohnungsmarkt. Und ganz offensichtlich auch Defizite in punkto Medienkompetenz und Empathie. Wir haben also eigentlich genug anderes zu tun.

Und überhaupt: „Das muss eine Demokratie aushalten.“, mahnt Frau von Osten nach der letzten Demo am Montag in Göttingen. Schließlich seien auch keine bekannten Rechtsextremisten gesichtet worden, so die Polizei.

Tja surprise, surprise liebe Polizei: Moderne Nazis möchten nur noch ungern als solche erkannt werden. Schon länger ist es in rechten Kreisen DER heiße Shit mit LINKEN Narrativen und Symboliken Verwirrung zu stiften und den Spieß einfach umzudrehen.

Da fühlt man sich schon mal wie Sophie Scholl, weil es Widerspruch zur eigenen Meinung gibt.

Da bringt man die vermeintliche Stigmatisierung von Ungeimpften mit einem auf der Brust getragenen Davidstern zum Ausdruck. (So wie ja auch damals die Verfolgten des Nazi-Regimes sich den Stern aus Protest gegen die Diktatur angeheftet haben. War doch so oder liebe Querdenker?)

Da wird mal eben „My Body, my Choice“ , ein Slogan gewachsen aus dem Leid von Millionen Frauen unter dem Patriarchat, umgedichtet zur Rechtfertigung für die eigene kleine Entscheidung gegen eine Impfung.

Da fordert selbst das Vorbild eines Dietrich Bonhoeffers offenbar nicht genug Respekt ab, um nicht auch dessen Lied „Von guten Mächten“ zu missbrauchen und damit den eigenen von der Polizei bewachten Abendspaziergang zu einem Akt des selbstlosen Widerstands gegen ein faschistisches Regime zu stilisieren.

Kein Leid scheint groß genug um herzuhalten als Vergleich.

Muss eine Demokratie das aushalten? – Vielleicht.

Darf sie das widerspruchslos aushalten? – Auf keinen Fall!

Kritik an der Wissenschaft, an der Pharmaindustrie, an Regierungsentscheidungen und auch an der Berichterstattung hierzu darf und soll jederzeit geäußert werden können. Von Kritik zu unterscheiden ist jedoch Geraune, dass sich aus antisemitischen und rassistischen Verschwörungsmythen speist und nicht differenziert zwischen Behauptungen und überprüfbaren Fakten, zwischen Meinungen und belegbaren Tatsachen.

Wir fordern die Spaziergänger*innen deshalb auf, diesen unerträglichen Relativierungen der Geschichte entschlossen entgegen zu treten, faktenbasierte Kritik zu formulieren und nicht Mitläufer der „Freien Niedersachsen“ , des „dritten Wegs“ oder anderen rechtspopulistischen Organisationen zu bleiben.

Zum Schluss möchte auch ich mir ein Zitat aneignen und für meine Zwecke umdichten:

„Wenn der Faschismus wiederkommt wird er nicht sagen: „Ich bin der Faschismus“ Nein, er wird sagen: „Ich bin der Anti-Antifaschismus.“ Zwinkersmiley.