Groner Tor: PIRATENundPARTEI-Ratsgruppe fassungslos über endgültige Zerstörung von Molch-Habitat

Groner Tor: PIRATEN und PARTEI fassungslos über endgültige Zerstörung des Molchhabitats

 

Die PIRATENundPARTEI-Ratsgruppe ist fassungslos über die nun erfolgte endgültige Zerstörung des seit über einem halben Jahrhundert bestehenden Laichgewässers für Molche hinter dem Gebäude des ehemaligen Zoologischen Instituts an Groner Tor. Laut eines Gutachtens bestand dieser Tümpel seit Anfang der 1960er Jahre und diente seitdem nicht nur zahlreichen Wasserinsekten als Lebensraum, sondern auch mehreren Amphibienarten als Laichgewässer.

Die Universität ließ diesen Tümpel in den vergangenen Wochen einebnen, sodass die Molche, die auch 2018 wie jedes Frühjahr ihr Laichgewässer aufsuchen wollten, dieses nicht mehr vorfanden. Das Amphibien-Biotop musste verschwinden, um am Ende einer unattraktiven Betonwüste mit Zierbäumchen Platz zu machen.

Etwa 150 Teich- und Bergmolche wurden in den vergangenen Wochen von Angehörigen des ehemaligen Zoologischen Instituts vor Ort in Behältern gefangen und zunächst vor dem sicheren Tod bewahrt. Unzählige weitere müssen direkt bei der Zerstörung der unmittelbar daneben liegenden Vegetationsbestände getötet worden sein.

Molche kehren jedes Jahr strikt zu dem Gewässer zurück, in dem sie selbst geschlüpft waren. Egal wo die 150 Tiere nun ausgesetzt werden – sie werden im Frühjahr 2019 versuchen, aus egal welcher Gegend der Stadt wieder zum Groner Tor zu kommen. Einen solchen Versuch wird kein einziges Tier überleben. Molche werden nach 2-3 Jahren geschlechtsreif, in der Natur etwa 8-10 Jahre alt, einzelne können über 20 Jahre alt werden.

Hintergrund der Zerstörung ist eine Freiraumplanung unter der direkten Verantwortung des Rates. Dieser hatte im Dezember 2015 mit den Stimmen aller Parteien mit Ausnahme der Piraten einem Freiraumwettbewerbsverfahren zugestimmt, in dem die Zerstörung als Vorgabe festgelegt worden war [1]. In der Jury saßen unter anderem Stadtbaurat Thomas Dienberg und der Leiter des Uni-Gebäudemanagements Rainer Bolli. Fast alle Entwürfe sahen die Zerstörung sämtlicher Naturflächen auf dem Areal vor.

Im Zuge der Bauplanung am Groner Tor wurde zuvor seitens der Stadtverwaltung monatelang bestritten, dass Amphibien dort überhaupt leben würden, wobei auch mit gezielten Falschaussagen gearbeitet wurde.

 

Später musste die Verwaltung zwar zugeben, dass die Tiere dort leben, unternahm aber nichts, um sie im Rahmen der Freiraumplanung zu schützen und die Zerstörung ihres Lebensraums abzuwenden. Teichmolch und Bergmolch gelten in Deutschland zwar als „streng geschützt“ und dürfen aus ihrem Lebensraum nicht entnommen oder direkt getötet werden. Kein Gesetz untersagt es jedoch, ihren Lebensraum vollständig zu zerstören und den Tieren damit jegliche Lebensgrundlage zu entziehen.

Völlig rätselhaft bleibt, warum dieses Amphibienhabitat überhaupt im Zuge der Freiraumplanung zerstört werden musste. Die Uni-Leitung war bereits 2015 über das Vorkommen der Amphibien informiert [3]. Im Juli 2015 war dem Verein Stadt und Planung e.V. in Verhandlungen unter Beteiligung der Sparkasse in Aussicht gestellt worden, das Laichgewässer zu erhalten oder ein neues einzurichten, und den Besuchern im Forum Wissen, vor allem Schulklassen, die Beobachtung der lebenden Amphibien wie in den Jahren zuvor zu ermöglichen. Sparkassenleiter Rainer Hald gab den Erhalt des Molch-Habitats am Groner Tor als Verhandlungsergebnis auf dem Neujahrsempfang am 12. Januar 2016 in der Stadthalle bekannt.

Die Ratsgruppe wirft der Universitätsleitung nicht nur den Bruch eines Versprechens, sondern auch einen unverantwortlichen Umgang mit der ihr anvertrauten Natur vor.

„Das Gebäudemanagement der Universität Göttingen verkörpert in diesem Beispiel die höchste Stufe menschlicher Arroganz und Nichtachtung gegenüber der Natur: Zerstörung nur um des Zerstörens willen, ohne Sinn und Notwendigkeit, ohne jeden Respekt vor anderen Lebewesen, und ohne Rücksicht darauf, wie ein solches Verhalten die Universität als Bildungseinrichtung in der öffentlichen Wahrnehmung dastehen lässt“, so Dr. Francisco Welter-Schultes, Vorsitzender der Ratsgruppe.

Quellen:

[1] Bauausschuss 10.12.2015

https://ratsinfo.goettingen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=12751

[2] Pressemitteilung Piratenpartei Göttingen 30.10.2015

https://www.piratenpartei-goettingen.de/wp-content/uploads/2015/03/2015-10-30-pm-piraten-ruecktritt-dienberg.pdf

StadtRadio Göttingen 30.10.2015

http://www.stadtradio-goettingen.de/permalink_to?objid=e28536

[3] HNA vom 03.11.2015

https://www.hna.de/lokales/goettingen/goettingen-ort28741/piraten-feuern-gegen-stadtbaurat-soll-falsch-informiert-haben-5753454.html

 

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/bf/Bergmolch-Goettingen-01.jpg/800px-Bergmolch-Goettingen-01.jpg

Bergmolch, Männchen, aufgenommen am Tümpel des Zoologischen Instituts im Mai 2015. Auch diesem Tier hätte die Universität mit einer sensiblen Freiraumplanung eine Zukunft und ein attraktives Laichgewässer anbieten können.